Am 15. Juni 2016 fand in Berlin der Gedenktag an den Sayfo statt. Dieser wurde als offizieller Gedenktag der Aramäer zur Erinnerung an die Massenmorde im Osmanischen Reich im Rahmen des hundertjährigen Gedenkens 2015 von NISIBIN eingeführt.

Der Gedenktag wurde nachmittags mit einer Kranzniederlegung an der ökumenischen Gedenkstätte auf dem Luisenkirchhof in Berlin-Charlottenburg begonnen. Nach einer Begrüßung des Vorsitzenden der Fördergemeinschaft für eine ökumenische Gedenkstätte für Genozidopfer im Osmanischen Reich e.V., Amil Gorgis, verlasen Dr. Gerayer Koutcharian und Dimitios Kalaitzidis ein Grußwort. Prof. h.c. Dr. Tessa Hofmann warf in ihrer Ansprache einen Rückblick und Ausblick auf die Ökumenische Gedenkstätte in Berlin. Nach einer Ansprache und eines Gebetes Seiner Exzellenz Mor Philoxenus Mattias Nayis wurden Kränze an der ökumenischen Gedenkstätte niedergelegt, bevor die Veranstaltung abends im Französischen Dom weitergeführt wurde.

Zu Beginn begrüßte der Vorstandsvorsitzende der NISIBIN Stiftung für Aramäische Studien, Josef Kaya, die über 400 Gäste im Französischen Dom. Unter ihnen sind der armenische Botschafter, seine Exzellenz Ashot Smbatyan, die Bischöfe zweier syrischer Konfessionen in Deutschland, der syrisch-orthodoxen und der assyrischen Kirche des Ostens, und der Vorsitzende des Bundesverbandes der Aramäer in Deutschland, Daniyel Demir, herauszuheben. Josef Kaya ging auf die Resolution des Bundestages vom 2. Juni 2016, die die Gräultaten der jungtürkischen Regierung in den Jahren 1915/16 als Genozid bezeichnet, ein und betonte, dass nach 101 Jahren das Schweigen im politischen Deutschland gebrochen sei. Die Hinterbliebenen der im Osmanischen Reich verfolgten Aramäer seien dem deutschen Parlament zu großem Dank verpflichtet. Der Bundesvorsitzende der Aramäer in Deutschland, Daniyel Demir, erinnerte in seinem Grußwort an die aktuellen Ereignisse in Syrien und im Irak und mahnte, dass auch heute dort Christen verfolgt und getötet würden und die Politik erneut wegschaue, wie vor 100 Jahren. Die Leiterin der Forschungsstelle für Aramäische Studien Prof. Dr. Dorothea Weltecke ließ von ihrem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dominik Giesen ein Grußwort vorlesen, in dem sie die Aufgabe und Verantwortung der Wissenschaft bei er Aufarbeitung des Völkermordes betonte. Seine Exzellenz Mar Odisho Oraham, Bischof der Heiligen Apostolischen und Katholischen Assyrischen Kirche des Ostens der Diözese Europa, begrüßte in seiner Ansprache die Einführung eines Gedenktages.

Cem Özdemir, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, konnte als Festredner des Abends gewonnen werden, der sich mit großem Engagement für die Resolution des Bundestages zur Anerkennung des Genozids einsetzte. Er erinnerte in seiner Rede daran, dass auch deutsche Diplomaten von den schrecklichen Ereignissen wussten, die Führung in Berlin aber nicht reagiert habe. Dadurch trage Deutschland eine Mitschuld, was der wichtigste Grund für die Resolution des Bundestages sei. Die Debatte darüber habe zudem offengelegt, wie groß die Wissenslücken über den Völkermord in der Bevölkerung sei.

Die Schauspielerin Anne Osterloh rezitierte einen Augenzeugenbericht der Überlebenden des Sayfo, Šăme, die vor den Verfolgungen aus ihrem Dorf von Anša nach Diyarbakir floh. Abschließend sprach der Erzbischof der syrisch-orthodoxen Kirche in Deutschland Mor Philoxenus Matthias Nayish ein kurzes Gebet für die Seelen der Verstorbenen, auf das die Versammelten mit einem Gesungenen aramäischen Vaterunser antworteten. Der Chor der syrisch-orthodoxen Gemeinde Mor Jakob begleitete musikalisch Seine Exzellenz bei der Andacht. Ein Streichquartett begleitete den Gedenktag musikalisch, das syrische Kirchenlieder spielte und der Veranstaltung einen würdigen Rahmen verlieh. Die Lieder stammen aus dem Kirchengesangsbuch beth gazo (Schatz der Lieder) und wurden von dem Komponisten Andranik Fatalov bearbeitet.