Hearing zur dramatischen Lage der aramäischsprachigen Minderheit (syrischen Christen) im Irak und in Syrien

(21.–23.11.2014)

In diesen Tagen vollzieht sich ein Ereignis welthistorischer Tragweite, eine Tragödie, oder, nach den aktuellen Einschätzungen von Amnesty International, ein Verbrechen. Christliche Städte und Dörfer, in denen mittelalterliche Klöster standen und in denen die aramäische Sprache seit Jahrtausenden ununterbrochen gesprochen wurde, werden zerstört, Menschen werden vertrieben oder umgebracht. Hier steht eine uralte, autochthone Kultur vor dem Aus, die die Geschichte des Vorderen Orients und die globale Geschichte des Christentums mitgeprägt hat. Die syrischen Christen (ܣܘܪ̈ܝܐ in eigener Sprache; Aramäer, Assyrer, Chaldäer, so ihre Fremdbezeichnung) sehen sich, wie auch andere religiöse und ethnische Minderheiten (z.B. die Jesiden) der Gefahr eines Genozids gegenüber. Über die Dramatik der Lage kann kein Zweifel herrschen.

Die Forschungsstelle für aramäische Studien im Fachbereich Geschichte und Soziologie der Universität Konstanz möchte zu einem wissenschaftlichen und öffentlichen Hearing über die Lage der aramäischsprachigen Minderheit in Syrien und im Irak einladen. Dabei erscheint es uns maßgeblich, dass die Betroffenen selbst zu Wort kommen. Mit ihnen möchten wir über die Situation der Christen in diesen Tagen und über ihre Perspektiven für die Zukunft sprechen. Diese Fragen tangieren die deutsche Außenpolitik, aber auch unsere Gesellschaft direkt. Deshalb ist uns eine breite öffentliche Beteiligung von syrischen und deutschen Christen, von Flüchtlingen und Ansässigen, von Betroffenen des Bürgerkriegs in Syrien und der Eroberungen von IS, gleich welcher Religion sie angehören, besonders wichtig.

Wir sind sehr froh, dass wir tatsächlich die höchsten Vertreter der syrischen Kirchen aus Mosul, Bagdad und Damaskus für diese außergewöhnliche interkonfessionelle Veranstaltung in Konstanz gewinnen konnten. Die Konzilstadt Konstanz mag ein angemessener Ort sein, die aktuellen Entwicklungen offen zu diskutieren, die Einschätzungen und Wünsche der Betroffenen selbst anzuhören und mit den Zielen gegenwärtiger deutscher Außenpolitik zu vergleichen. Renommierte Wissenschaftler werden aus ihrer Perspektive die aktuelle Situation in Deutschland sowie die Hintergründe des politischen und militärischen Erfolgs islamistischer Gruppen beleuchten und mit den Vertretern der Kirchen und der Öffentlichkeit erörtern. Für Vertreter der Medien wird es über die Veranstaltung hinaus die besondere Gelegenheit geben, mit den kirchlichen Würdenträgern selbst zu sprechen. Gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) Konstanz finden zudem am Freitagabend und am Sonntag öffentliche Friedensgebete für die verfolgten religiösen Minderheiten und die Opfer der gegenwärtigen Gewalt statt, zu der alle herzlich eingeladen sind.